2. Oktoberwoche.
Die Stimmung ist immernoch gedrückt wegen dem Vorfall mit Bonny. Jetzt gehen die ersten Gerüchte um, dass es anscheinend kein Unfall war, sondern Mord. Allerdings will ich darauf nicht näher eingehen und versuchen über schönere Dinge zu berichten. Glücklicherweise ist in dieser Woche einiges passiert, das die Gedanken abschweifen lässt.
Allerdings sind diese Ereignisse wieder teils positive, teils negativ. Diesmal, wie es sich gehört, die schlechten Nachrichten zuerst.
Nachdem Anika regelrecht von hier geflüchtet ist, wird uns auch Denny und Virna verlassen. Allerdings haben sie das schon lange vorher angekündigt. Denny ist neben Björn einer meiner besten Freunde hier geworden. Ich hatte ettliche lustige Stunden an der Rezeption und er ist noch dazu mein Afrikaans Lehrer. Jetzt muss ich mir neben Trudy erneut einen weiteren Lehrer suchen. Erst heute haben wir wieder viel gelacht, da er von seinem Urlaub in Deutschland und Dänemark erzählt hat. Er hat Rosalinde eindrucksvoll von einem Maßkrug berichtet und von Wasserhähnen auf Toiletten, die mit Infrarotsensor funktionieren. Natürlich war das für Einheimische hier alles etwas neues und es war sehr lustig anzusehen, wie sie über Dinge staunen, die für mich selbstverständlich sind. Denny war vom deutschen Bier so angetan, dass er in seinem Urlaub vom Aufstehen um 7 Uhr frühs bis Abends nur Bier getrunken hat. Dementsprechend betrunken muss er dann wohl gewesen sein.
Virna ist seine Freundin und sie arbeitet hier als Flowmanager (dh. sie regelt die Finanzen). Sie hat sich auf die Stelle des Flow Managers bei Joe's Beerhouse in Windhoek beworben und wurde genommen. Joe's Beerhouse ist wohl das bekannteste Restaurant in ganz Windhoek und wird in jedem Reiseführer als "Must See" gepriesen. Diesen Montag am 19. werden die beiden uns schon verlassen. Denny nutzt die Möglichkeit auch einen Job in Windhoek zu finden, da er sich nach einer geregelten Woche sehnt und nichtmehr 4 Wochen am Stück arbeiten will. Er wird hier aufjedenfall fehlen, da er immer gute Stimmung verbreidet hat und immer für einen Spaß zu haben war.
Jetzt hoffe ich umso mehr, dass ich die Woche Ende Oktober frei bekomme, da Björn vorgeschlagen hat, dass wir dann Denny und Virna in Joe's Beerhouse treffen können.
Und weil Virna dann dort schon Managerin ist, springt dabei vielleicht auch was für uns heraus.
Ich bin mir nicht sicher, ob Anja und Jörg über all die Vorfälle hier bescheid wissen, aber sie werden auf jeden Fall geschockt sein, wenn sie aus Deutschland zurückkommen, da in den 5 Wochen doch einiges passiert ist.
Sollte ich die besagte Woche frei bekommen, würde ich bei Björn in Windhoek wohnen können. Da eine Woche Windhoek aber Verschwendung für mich wäre, hat Björn den Vorschlag gemacht, dass wir für 2 oder 3 Tage nach Swakopmund fahren könnten, was natürlich großartig wäre. Swakopmund ist die Touristenstadt in Namibia und sie gleicht einer deutschen Stadt, da sie noch stark von der Kolonialzeit geprägt ist. Ich darf mir allerdings nicht all zu viel Vorfreude genehmigen, da Anja alles mit einem einfachen "NEIN" zu Nichte machen kann. Deshalb lege ich meine Prioritäten zunächst auf das Wochenende auf der Farm von Klyde, der dort die mega Geburtstagsfeier schmeißt.
Doch lass mich von den Träumen und Wünschen der Zukunft auf die brutale Realität des Hier und Jetzt kommen. Vor kurzem habe ich über die Schlangenjagd berichtet, die leider erfolglos war und dass ich mich auf meine erste Begegnung freue. Tja jetzt ist sie gekommen. Ein paar Tage war es her, als Trudi wie vom Blitz getroffen in die Rezeption stürmte und zu Michael nur ein Wort sagte "Slang!" Allen war klar, eine Schlange muss im Restaurant sein. Die Kamera bereits gezückt, eile ich zum Restaurant und erblicke auch gleich den Halbkreis, den die Gäste um die Schlange gebildet haben. Die Schlange hat sich unter einem Tisch außerhalb des Restaurants verschanzt. Ich frage Björn um welche Art es sich handelt und er antwortet "das is ne fockn Cape Cobra, ein Biss und du gehst kacken!" Wie aus Reflex mach ich auf diese Antwort einen Schritt zurück und mache die ersten Schnappschüsse.
Wir diskutierten nun, wie wir die Schlange wieder ins Feld bekommen, da wir dieses eindrucksvolle Geschöpf nicht verletzen wollten. In dem Moment kommt Gabriel mit 2 langen Stöcken an und meint "I will catch it". Wir fragten ihn nur, ob er klar kommt, da der nächste Arzt in Windhoek liegt. Wir einigen uns darauf, dass wir versuchen sie durch Laute zu verscheuchen. Dabei stellen wir uns so, dass der Schlange nur der Weg ins Feld offen steht. Ein Kellner öffnet das Fenst direkt über der Schlange und stößt sie von oben mehrmals an. Die Cobra stellt sich auf, plustert ihren Hals auf und schnappt 2 mal nach dem Stock. Ich war baff von der Schnelligkeit der Cobra und Björn meint dazu nur, dass das lediglich eine Warnung war und sie noch viel schneller ist. Während dieser Aktion hat Gabriel einen Eimer Wasser geholt, das Schlangen Wasser nicht abhaben können.
Mit mehreren Schlägen auf den Boden hinter der Schlange haben wir sie endlich dazu gebracht, dass sie Richtung Feld schlängelt. Kurz bevor sie im Feld verschwunden war, kommt Gabriel noch auf die grandiose Idee den Eimer Wasser hinter ihr herzukippen. Er erwischt sie volle Breitseite und in dem Moment stoppt die Cobra, stellt sich auf und mit einem geschwollenen Hals faucht sie Gabriel an, zum Glück konnte sie kein Gift spucken und ist kurz darauf auch weiter geflüchtet. Es hätte durchaus passieren können, dass sie nochmals umdreht und Gabriel angreift. Letztendlich ist aber alles gut gegangen, die Gäste waren natürlich tierisch aufgedreht (ICH AUCH, musste es aber verheimlichen), haben sich dann aber doch wieder entspannt, da die Begegnung gut ausgegangen ist und zudem die Gäste nun etwas zum erzählen hatten.
Das sollte aber nicht die einzige Begegnung mit dieser Schlange gewesen sein. Ein paar Tage später haben wir sie erneut gesehn, diesmal aber in einem Gästezimmer, was nicht so prickelnd war. Wir stehen nun vor dem Zimmer und wissen nicht, wie wir sie da raus bekommen sollen. Rein will natürlich auch keiner, da sie genau hinter der Tür liegt, also gehen wir zu den Fenstern und machen so viel Krach im Zimmer wie wir können. Es scheint zu funktionieren, die Schlange bewegt sich und schlängelt zunächst weiter ins Zimmer, dann aber zum Glück zur Tür. Da jeder Fluchtweg von den Mitarbeitern versperrt ist, rast sie auf eine Gruppe zu. Wie die wilden brechen sie in Panik aus und suchen das Weite, woraufhin sich die Schlange in einem Busch versteckt. Da sie anscheinend immer wieder zur Lodge zurückkommen wird, beschließen wir sie zu töden. Robert, der Qualitätsmanager (für was es hier alles Manager gibt ist die wahre Pracht) kommt mit dem Poolkäscher angelaufen und schlägt nach der Cobra, bevor sie flüchten kann. Er trifft sie mehrmals am Kopf, was sie außer Gefecht setzt. Leider mussten wir diese letzte Möglichkeit wählen, da sie eine zu große Gefahr für die Gäste darstellte. Jetzt kommt der spaßige Teil der Geschichte. Michael packt die Cobra am Schwanz und trägt sie zur Küche. Er tritt in die Küche, die Schlange neben ihm baumelnd und wirklich alle in der Küche reißen die Augen auf und rennen Richtung Hinterausgang, als ob eine Bombenwarnung ausgerufen wurde. Als sie hinten rausrennen und uns lachen sehen, verstehen sie, dass sie bereits tot sein muss. Michael legt die Schlange in den Küchenhof, kurz darauf fängt sie an sich zu bewegen (quasie wie bei einem Huhn, dem man den Kopf abschlägt). Es sieht richtig beängstigend aus, da sie noch rumschlängelt und jeder, der neu dazu kommt erschreckt sich erstmal, da er eine sich bewegende Schlange sieht. Nachdem ich ein paar Bilder gemacht habe, packt mich die Neugier, ich greif die Schlange beim Schwanz und hebe sie hoch. Währendessen legt sich ihr Schwanz um meine Hand und sie bewegt sich immernoch, ein unglaubliches Gefühl! Wenn man bedenkt, dass in dem Körper immernoch Gift enthalten ist, das einen töden kann, ist mir ehrlich gesagt auch etwas mulmig dabei, aber die Abenteuerlust siegt wie so oft über die Achtsamkeit.
Mein ganz persönlicher Höhepunkt an Tiersichtungen ereignete sich allerdings noch ein Paar Tage später. Wir saßen gemütlich beim Abendessen, als Edward der Manager for Food and Drinks zu uns an den Tisch kommt und aufgeregt von einem mysteriösen Vogel erzählt, der sich hinter der Küche befinden soll. Verwundert über seine Beschreibung schaun wir nach, um welches Tier es sich handelt. Michael geht mit seiner Taschenlampe voraus und bleibt in der Dunkelheit plötzlich stehen. Mit einem erleichterten "ASOOO" gibt er Entwarnung, es ist nur ein Stachelschwein, wobei was heißt "nur". Auch diese irgendwie "süß" aussehenden Wesen können gefährlich werden. In unserem Fall hätte es auch gefährlich werden können, da es schon die Verteidigungsstellung angenommen hat. Es stellt die Stacheln senkrecht nach oben und rasselte damit, um uns zu warnen. Da es zu dunkel ist, können wir kaum erkennen, wie groß es ist (Michael's Lampe ist so gut wie leer). Als ich ein Foto ins Nichts mache, erkennen wir es durch den Blitz für eine Sekunde. Darauf höre ich von hinten nur Björn rufen "Fuck is der Okie gross!" Michael bestätigt diese "Aussage" und dieser Okie IST gross (Okie ist so etwas wie der Tyü oder das Ding). Ich schätze mit aufgestellten Stacheln ca 1 Meter vom Boden aus und 1,30 Meter lang. Jetzt magst du vielleicht denken, dass es dann ja fast wie ein Würfel aussieht, in der Verteidigungsstellung ist das eben auch fast der Fall, dementsprechend lustig ist das Ding auch gelaufen. Es hat nur sehr kleine Füßchen und versucht von uns wegzurennen, da der Schwerpunkt jetzt aber viel weiter oben liegt, schwankt das komplette Tier durch die Gänge und man hört nur das Kratzen der Stacheln an den Wänden, weil es so breit ist, dass es kaum durch die Gänge passt. Erst am nächsten Tag konnte ich auf den Bildern genau erkennen, wie es ausgesehn hat. Diese Stachelschweine sehen eigentlich sehr schön aus, da die Stacheln komplett gestreift sind und am Kopf hat es lange Haare, die wie eine Dauerwelle nach oben stehen. Das ist vielleicht ein Grund, warum Jörg es angeblich töten möchte, um die wunderschönen Stachel als Deko zu verwenden, wie es hier in der ganzen Lodge schon der Fall ist.
Auf dem Weg zu unseren Zimmer haben es Björn und ich nochmal gesehen. Diesmal aber im Licht und ich muss sagen, dass diese Tiere wirklich schön sind. Wir haben noch zugeschaut, wie es durch die Anlage geschwankt und schließlich in der Dunkel verschwunden ist. Nach den ganzen Aufregungen muss ich mich erstmal ausruhen. Deshalb mach ich mich jetzt ins Bett. Nur noch mein Handtuch von der Türschwelle nehmen, das ungebetene Gäste davon abhalten soll unter meiner Tür durchzukriechen und dann in die Heija. Doch was kitzelt mich da an der Hand? Wie eine Kugel schießt mir das Wort durch den Kopf, "SKORPION!" Ich schmeiße das Handtuch in die Ecke, streife mir vor Ekel und Panik die Arme und Hände ab und blicke hektisch umher. Ich erkenne nur wie mein Gast um die Ecke ins Bad huscht und der Okie war ebenfalls GROSS. Vorsichtig blicke ich um die Ecke ins Bad, in dem Moment durchströmt mich ein Gefühl der Erleichterung und gleichzeitig ein Gefühl größten Ekels. Es handelt sich zum Glück nicht um einen Skorpion, sondern um eine Weizenspinne. Wie wild rennt sie durch mein Zimmer und ich schmeiße mit meinem Schuh nach ihr. Nachdem ich sie nach mehreren Versuchen nicht erwischt habe, nimmt sie direkten Kolisionskurs auf meinen Fuß. Ich halte kurz ein, ziele und "KNACK!" Volltreffer. Ich hebe mein Bein und sehe, wie sie noch kurz zuckt, dann aber keinen Mucks mehr macht. Jetzt habe ich endlich die Möglichkeit auf einem Bild den Größenvergleich zu machen. Ich lege meine Hand neben die Spinne und schieße einige Fotos. Mit ausgestreckten Beinen ist sie so groß wie meine Hand, wenn nicht sogar größer. Da jetzt Haustier Nr 6? Ich hab schon ganrichtmehr mitgezählt, entfernt ist, kann ich endlich zur Ruhe kommen.
Somit ein sehr erholsames gute Nacht Namibia, Julian.
Dienstag, 3. November 2009
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